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Sonderteil zur EXPONATEC
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Dennis Willkommen
Mobile Applikationen für Museen:
Vom Kostenfaktor zum wirklichen Mehrwert
Foto: Steffen Haferkorn
Mobilen Applikationen, kurz Apps, kommt bei der fortschrei- ten, auch in Bezug auf Interaktionen innerhalb einer Ausstellung
tenden Digitalisierung auch für Museen besonders in der Ver- eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Hier sind beispielsweise
mittlung von Inhalten und zur Unterhaltung von Besuchern eine Augmented Reality, 360°-Ansichten zu nennen oder der sog. Ga-
entscheidende Rolle zu. Doch einige gravierende Probleme ver- mification: kleine Spiele animieren zur Nutzung, unterhalten den
hinderten bisher einen breiten Einsatz: Besucher, vermitteln aber gleichzeitig adäquat Wissen und Inhal-
te. Zudem befördern multimediale Inhalte die Vermittlung und
1. Hohe initiale Kosten für die Erstellung der App. Unterhaltung. Ob Video-, Ton- oder Bildmaterial, ob Texte, Doku-
2. Kosten für den kontinuierlichen technischen wie auch inhaltli- mente oder andere Formate, je nach Verfügbarkeit, Zielstellung
chen Unterhalt über den Lebenszyklus der App. und Möglichkeiten der Einrichtung können diverse multimediale
3. Teilweise umständliche und langwierige Workflows, um Inhal- Elemente zum Einsatz kommen.
te und Funktionen auf dem neusten Stand der Technik zu halten
bzw. zusätzliche Kosten für die Integration neuer Technologien. Probleme in der Praxis
Wir haben darüber nachgedacht und mit KULDIG einen neuen
Lösungsansatz konzipiert. Soweit zur Theorie. Es stellt sich nun die Frage, weshalb, trotz
dieser Potentiale und der bereits vorhandenen technischen
Potentiale mobiler Applikationen Möglichkeiten zur Umsetzung, mobile Applikationen eher zu-
rückhaltend zum Einsatz kommen, zumindest wenn man den
Digitalisierung ist derzeit ein omnipräsentes Thema auf Tagungen Einsatz in Relation zur Gesamtzahl der Museen und anderer Kul-
und Kongressen, in Gesprächsrunden und Foren, aber auch im tureinrichtungen in Deutschland setzt.
Alltag von vielen Museumsmitarbeitern. Neben den Möglichkei-
ten für interne Prozesse spielt die Digitalisierung in Bezug auf die Natürlich spielen Vorbehalte gegenüber der neuen Technolo-
Vermittlung von Inhalten und zur Unterhaltung von Besuchern gie eine gewisse Rolle. Doch die meisten Verantwortlichen und
eine ebenso wichtige Rolle. Gerade hier bieten mobile Applikatio- Mitarbeiter haben verstanden, daß es beim Einsatz einer App
nen einen vielversprechenden Ansatz. Nicht nur, daß die meisten nicht um die redundante Wiedergabe einer Ausstellung und
Besucher das Interface zur Nutzung der Applikation, das Smart- schon gar nicht eines Museums geht, also ein Fernbleiben der
phone oder Tablet, mittlerweile selbst mitführen. Diese kleinen Besucher aufgrund der Existenz einer App nicht zu erwarten
Schweizer Taschenmesser der Moderne bieten einiges an tech- ist. Vielmehr soll die App die physisch tatsächlich vorhandenen
nischem Potential: Die verbauten Sensoren und Technologien er- Objekte, Ausstellungen und Museen um zusätzliche Inhalte und
möglichen neue Ansätze nicht nur bei der Vermittlung von Inhal- Elemente erweitern, was wiederum ein Mehr an Wissen und ein
Mehr an Unterhaltung vermittelt.
Daß den Einrichtungen das nötige Grundlagenwissen zum sinn-
vollen Einsatz der mobilen Applikationen fehlt, gilt schon lange
nicht mehr. Zwar bedarf es hie und da noch der Vermittlung ad-
äquater Grundlagen, doch befinden sich Museumsmitarbeiter
schon längst nicht mehr im gern zitierten elfenbeinernen Turm.
Sie kennen sehr wohl die Technologien und deren Möglichkeiten,
oft aus dem privaten Alltag, aber ebenso durch den Blick auf an-
dere Einrichtungen, die bereits in diesem Bereich tätig geworden
sind. Die Vernetzung innerhalb der Einrichtungen funktioniert
hier sehr gut, und auf Tagungen oder Kongressen werden Fallstu-
dien sowie Einsatzszenerien vorgestellt und diskutiert.
Der Grund für den zaghaften Einsatz muß also anderswo zu fin-
den sein. An dieser Stelle half uns unsere langjährige Tätigkeit
als Dienstleister für Web- und App-Entwicklung u.a. für Museen
und andere Kultureinrichtungen weiter: Die individuelle Ent-
wicklung einer Applikation, die einen halbwegs vernünftigen
Umfang an Funktionalitäten mit sich bringt und dadurch ihren
Mehrwert erhält, kostet viel Geld. Neben diesen initialen Kosten
Durch mobile Applikationen können Besuchern weiterführende muß die Applikation über den eigenen Lebenszyklus, also die
multimediale Inhalte zur Verfügung gestellt werden. Laufzeit der App, kontinuierlich gewartet und teilweise erneu-
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MUSEUM AKTUELL 243 | 2017
EXPOTIME!, issue October / November 2017